Fingerabdrücke zur Entsperrung von Handys

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Blogbeitrag: Dürfen Fingerabdrücke genommen werden, um das Handy zu entsperren?

12. März 2023



Jedermann kennt die Abnahme von Fingerabdrücken aus dem Krimi. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen so einen Abgleich mit bereits in Datenbanken gespeicherten Abdrücken durchführen. Aber was ist mit einem Handy, dass mittels Fingerabdruck entsperrt werden kann? Das Landgericht Ravensburg hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob einem Beschuldigten Fingerabrücke abgenommen werden dürfen, um damit ein Mobiltelefon zu entsperren. Ist das zulässig? Und falls ja: Auf welcher Grundlage?

Das LG sagt, die Maßnahme wird durch § 81b Abs. 1 StPO gedeckt und ist daher zulässig.

Der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 14.02.2023 – 2 Qs 9/23 jug. – betrifft die Frage, ob Fingerabdrücke eines Beschuldigten gegen seinen Willen abgenommen werden dürfen, um mit den resultierenden biometrischen Daten sodann ein Mobiltelefon zu entsperren. Das Gericht entschied, dass dies zulässig ist, da es durch § 81b Abs. 1 der Strafprozessordnung gedeckt ist. Die Abnahme von Fingerabdrücken ist eine passive Maßnahme, die der Beschuldigte dulden muss. Im Fall des Widerstands erlaubt das Gesetz sogar die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Obwohl der historische Gesetzgeber mit dieser Regelung eher die Identifikation von Tatortspuren im Sinn hatte, ist die Nutzung der Fingerabdrücke zur Entsperrung des Mobiltelefons nach Ansicht des Landgericht ebenfalls erlaubt. Das Gericht führt dazu aus:

Bei dieser Maßnahme handelt es sich sicherlich nicht um den klassischen Fall, welcher dem Erlass des zugrunde lag. Dem historischen Gesetzgeber lag vielmehr die Vorstellung zugrunde, die festgestellten Fingerabdrücke mit den Tatortspuren oder den Abdrücken einer. Kartei zu vergleichen, um damit einen Tatnachweis führen zu können (Bäumerich, NJW 2017, S. 2718 (2721), m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber dies nicht in der Deutlichkeit in den Gesetzeswortlaut aufgenommen hat. Vielmehr formulierte er den Gesetzeswortlaut offen, in dem er als Auffangterminus „ähnliche Maßnahmen" verwendet. Dennoch genügt die Norm dem erforderlichen Bestimmtheitsgrundsatz, da jede Maßnahme an den beiden genannten Modalitäten und der amtlichen Überschrift „erkennungsdienstlichen Maßnahmen" gemessen werden muss. Durch die offene Formulierung wird erreicht, dass sich der statische Gesetzeswortlaut an den jeweiligen Stand der Technik anpasst (vgl. Rottmeier/Eckel, NStZ 2020, S. 193 (194)). Mit der „technikoffenen" Formulierung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass auch solche Maßnahmen gedeckt sind, die dem gesetzlichen Leitbild der Abnahme und Verwendung von äußeren körperlichen Beschaffenheitsmerkmalen zu Identifizierungs- oder Tat nachweiszwecken entsprechen (vgl. Rottrneier/Eckel, NStZ 2020, S. 193 (195)). Im weiteren Sinn kommt der Nutzung der festgestellten Fingerabdrücke zum Entsperren eines Mobiltelefons auch eine Identifizierungsfunktion zu (vgl. ebenda). Die Identifizierungsfunktion wird hier im Unterschied zum klassischen Fall des § 81b StPO allerdings nicht unmittelbar zum Führen eines Tatnachweises verwendet, sondern als Zwischenziel zur Erlangung der für den Nachweis erforderlichen gespeicherten Daten. Inwieweit die Maßnahme notwendig für das Strafverfahren ist, ist eine Frage der noch zu thematisierenden Verhältnismäßigkeit. Die Verwendung von biometrischen Körpermerkmalen zur Entschlüsselung von Daten durch einen Abgleich mit den im Endgerät hinterlegten Schlüsselmerkmalen ist deshalb auch vom Wortlaut umfasst (vgl. ebenda; LG Baden-Baden Beschluss vom 26. November 2019 - 2 Qs 147/19; Goers in: BeckOK StPO, 46. Edition, 01.01.2023, § 81b Rn. 4.1).

Man kann das durchaus anders sehen, aber das Urteil des Landgerichts ist eine der ersten Entscheidungen zu der Fragestellung und steht erst einmal im Raum. Wer sicher gehen möchte, dass Strafverfolgungsbehörden sein Telefon nicht gegen seinen Willen mittels seiner Fingerabdrücke entsperren, setzt daher besser auf einen längeren alphanumerischen Sperrcode. Denn ein Passwort muss man - anders als Fingerabdrücke - gerade nicht herausgeben und darf dazu auch nicht gezwungen werden.