Blogbeitrag: Beratungshilfe
29. Januar 2023
Nachdem Fragen zur Beratungshilfe immer mal wieder aufkommen, habe ich ein paar Ausführungen dazu die Tage auf Twitter veröffentlicht.
Da der Beitrag auf viel Resonanz gestoßen ist und vielleicht auch für Nicht-Twitter-Nutzer interessant ist, nutze ich ihn mal als ersten Beitrag für das neue Anwalts-Blog hier auf der Website.
Also: Ein kleiner Text zur Beratungshilfe. Da er ursprünglich aus Social-Media-Posts hervorging, ist er recht vereinfachend und down to earth, wie der Amerikaner sagt, formuliert. (Kollegen mögen die groben Vereinfachungen zugunsten einer besseren Verständlichkeit verzeihen.)
Sie haben ein rechtliches Problem, bei dem Sie anwaltliche Hilfe brauchen, haben aber kein Geld?
Bereits im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gab es das sogenannte Armenrecht. Die Idee, dass die Durchsetzung der eigenen Rechte nicht am Geldbeutel scheitern darf, gibt es also schon sehr lange.
Seit 1981 sprechen wir von Beratungshilfe für Personen, die sich aus finanziellen Gründen die Beratung durch einen Rechtsanwalt sonst nicht leisten und von Prozesskostenhilfe, wenn diese sich einen Prozess sonst nicht leisten können.
Wir wollen uns hier auf die Beratungshilfe konzentrieren (zu PKH schreibe ich vielleicht separat nochmal was).
Wichtig: So wie beschrieben gibt es diese in den Flächenländern, in den Stadtstaaten gelten andere Regelungen.
Zunächst mal: Niemand braucht sich für die Inanspruchnahme von Beratungshilfe zu schämen.
Viele Juristen kennen die Situation, wenig oder kein Geld zu haben, noch aus dem Studium. Deutschland ist ein Sozialstaat und Rechtsanwälte sind sog. Organe der Rechtspflege, dienen also (auch) dem großen Ganzen.
Für Rechtsanwälte besteht die Pflicht zur Übernahme der Beratungshilfe (§ 49a BRAO), sie können nur im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.
Dabei muss man wissen, dass die Gebühren für den Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe nicht kostendeckend sind. Er verdient an den Mandanten also nichts, sondern zahlt noch drauf.
Das BVerfG zieht die Grenze zur Unzumutbarkeit sehr streng erst da, wo die wirtschaftliche Existenz des Rechtsanwalts gefährdet ist oder zumindest erhebliche finanzielle Auswirkungen auf seinen Kanzleibetrieb gegeben sind. (BVerfG, Beschl. v. 22.7.2019 – 1 BvR 1955/17).
Obwohl also Beratungshilfe-Mandate nicht gerade die Traummandate sind, erledigen die Kollegen diese mit derselben Professionalität wie alle anderen Mandate auch.
Niemand bekommt Rechtsrat 2. Klasse, sondern alle werden – allein schon aus haftungsrechtlichen Gründen – vernünftig beraten.
Also eine super Sache: Qualifizierter Rechtsrat auch für Bedürftige!
Statt irgendwelche teuren Anwaltshotlines anzurufen (das geht bei 1,99 Euro/Minute ins Geld!) besser Beratungshilfe in Anspruch nehmen.
Übrigens: Die Gesamtzahl an Beratungshilfeanträgen sinkt seit etwa zehn Jahren kontinuierlich, in sofern besteht also auch keine Gefahr, die Anwaltschaft damit zu überfordern.
In entsprechenden Brennunktlagen ist die Pflicht zu Beratungshilfe wie derzeit entlohnt für manche Kollegen wirklich ein Problem, die meisten Kollegen kommen damit aber klar.
Wie also bekommt man Beratungshilfe und wie macht man es richtig?
Der beste Weg ist, dass Sie _zunächst_ (also noch bevor Sie zum Anwalt gehen) zu Ihrem örtlichen Amtsgericht geht und dort einen Antrag auf Beratungshilfe stellen.
Dazu schlägt man dort einfach an der Pforte auf (an Personalausweis und Kontoauszüge/Banking App sowie eventuellen bisherigen Schriftverkehr denken), sagt, dass man gerne Beratungshilfe beantragen würde, dann wird einem gesagt wohin man muss.
Im Gericht gibt es dann ein Formular, dass abfragt, dass:
- [ ] Man nicht wegen Quatsch (keine Aliens mehr über meiner Wohnung!) kommt
- [ ] Man tatsächlich kein Geld habt (an Belege denken - Kontoauszüge, Banking App u.ä.)
- [ ] es für keine andere Möglichkeit zur Beratung gibt
- [ ] die Sache noch nicht vor Gericht ist
Sie sehen, alles kein Hexenwerk. Das Gericht gibt Ihnen dann einen sogenannten Berechtigungsschein.>
Den nimmt man, kratzt 15 Euro zusammen und geht mit beidem zum Rechtsanwalt.
Gegen beides zusammen (Berechtigungsschein und 15 Euro) bekommt man dann Rechtsrat beim Rechtsanwalt.
Stichwort „zum Rechtsanwalt gehen“: Termin vorher ausmachen wäre super! ;-)
Bitte direkt darauf hinweisen, dass es um eine Beratungshilfesache geht. (NICHT schämen - s.o.!)
Die Beratung geht auch online oder per Telefon, aber der Anwalt braucht den Berechtigungsschein im Original (also dann per Post).
In Beratungshilfesachen noch wichtiger als sonst und auch wenn es nicht einfach ist: Versuchen Sie bitte, dem Rechtsanwalt im Gespräch die für den Fall wesentlichen Informationen zu kommunizieren.
Also z.B. wann wurde das Geld verliehen? Welche Belege gibt es? NICHT: Warum die Ex-Partnerin, der das Geld geliehen wurde, sowieso einen ganz miesen Charakter hat.
Wie gesagt: Man bekommt guten Rechtsrat nahezu komplett auf Kosten der Allgemeinheit.
Bitte so diszipliniert sein und versuchen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Wenn man sich anstrengt, bekommt man das auch als Nichtjurist hin.
Im Zweifel einfach den Anwalt fragen: „Spielt es eine Rolle, dass…?“
So kann man schnell Punkte abhaken, ohne evtl. doch Wichtiges unberücksichtigt zu lassen.
Gut zu wissen; Im Zivilrecht kann Beratungshilfe über die eigentliche Beratung hinaus auch außergerichtliche Vertretung umfassen – etwa einen anwaltlichen Schriftsatz an die Gegenseite.
Im Strafrecht hingegen umfasst sie wirklich nur die Beratung an sich. Weiteres Tätigwerden des Rechtsanwalts kann in diesem Bereich nicht über Beratungshilfe laufen. In diesem Fall suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Anwalt – gemeinsam wird sich oft eine Lösung finden lassen.